BioDiversität-Add-on: Zur Förderung der Biodiversität in der konventionellen Landwirtschaft
Biodiversität und Landwirtschaft
Die Biodiversität, also die große Vielfalt des Lebens auf der Erde in Form von Tieren, Pflanzen,
Bakterien und Pilzen, ist eine der wertvollsten Ressourcen der Welt. Der Schutz der Biodiversität
stellt mittlerweile eine der wichtigsten Herausforderungen der Landwirtschaft und der
Lebensmittelversorgungsketten dar.
Das BioDiversität-Add-on
Das BioDiversität-Add-on umfasst eine Reihe von Regeln, Grundsätzen und Kriterien, anhand derer
Produzenten ihre Biodiversitäts-Managementpraxis besser darlegen können. Einzel- und
Zwischenhändler können ihre Lieferanten zu einem BioDiversität-Add-on-Audit auffordern, um einen
Nachweis für ihre Einhaltung der sozialen Unternehmensverantwortung zu erbringen.
Die große Bandbreite der Auditkriterien im BioDiversität-Add-on umfasst unter Anderem:
- Den Aktionsplan des Betriebs zur Biodiversität
- Zugang zu Schulungen, Wissensaustausch und betriebsspezifische Empfehlungen zur
Biodiversität
- Synergien außerhalb des Betriebs
- Biodiversitätsflächen
- Schutz- und Wiederherstellungsmaßnahmen
- Integrierter Pflanzenschutz
- Boden- und Nährwertmanagementplan
- Abwassermanagement und Schutz von Wasserquellen
Die Anforderungen an die Produktkette zur Implementierung des Add-ons können unterschiedlich
sein. Im ersten Jahr müssen Produzenten einen Aktionsplan zur Biodiversität ausarbeiten, in dem die
Maßnahmen, die innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens umzusetzen sind, dargelegt werden.
Das Add-on-Audit wird für gewöhnlich zusammen mit dem Audit für den Standard für die
kontrollierte landwirtschaftliche Unternehmensführung (IFA) für Pflanzen (v5.2 oder v5.4-1-GFS)
durchgeführt. Die Dauer des Audits wird voraussichtlich ähnlich sein wie bei SPRING. Produzenten,
die die kritischen und sehr kritischen Musskriterien zu 100 % und die nicht kritischen
Musskriterien zu mindestens 75 % erfüllen, erhalten ein Konformitätsschreiben, das in den
GLOBALG.A.P. IT-Systemen einsehbar ist.
Die Version 1 des GLOBALG.A.P. BioDiversität-Add-ons wird im April 2022 eingeführt und der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Es wird vorerst nur Obst- und Gemüse-Produzenten im europäischen
Wirtschaftsraum zur Verfügung stehen. Zertifizierungsstellen (CBs) können zu internen
Schulungszwecken ab sofort über die GLOBALG.A.P. Website auf die Dokumente zugreifen.
Technische Entwicklung
Die Version 1 des BioDiversität-Add-ons wurde auf Initiative der deutschen Handelskette Lidl vom
Team „Standards und Technisches“ von GLOBALG.A.P. sowie einem Projektteam aus mehreren
Interessenvertretern entwickelt. Das Projekt nutzt eine große Bandbreite an Industrieperspektiven:
die Sustainable Food Systems GmbH (SFS), den Global Nature Fund, Bioland, Lieferanten und
Produzenten in ganz Europa und die Universität Nürtingen-Geislingen.
Die Version 1 des BioDiversität-Add-ons wurde als Prototyp entwickelt und hat daher nicht die
normalen Organisationsprozesse von GLOBALG.A.P. durchlaufen. In dieser Hinsicht ähnelt der
Entwicklungsprozess dem weiterer GLOBALG.A.P.-Add-ons, wie etwa GRASP und SPRING, die ursprünglich
auf Initiative eines Mitglieds der GLOBALG.A.P. Community entwickelt wurden. Zur Anpassung der
Checkliste an den IFA-Standard v6 wird Ende 2022 ein technisches Update zu Version 1
veröffentlicht.
Die Entwicklung von Version 2 des BioDiversität-Add-ons wird 2023 in Übereinstimmung mit den
normalen Organisationsprozessen von GLOBALG.A.P. und unter Berücksichtigung der Erkenntnisse von
Version 1 erfolgen.
BioDiversität-Add-on-Gebühren
Die Gebühren für das BioDiversität-Add-on sind ähnlich wie die für andere Add-ons.
BioDiversität-Add-on-Gebühren für CBs:
CB-Lizenzgebühr (Erweiterung des Zertifizierungsumfangs): 500 € pro Jahr
CB-IHT-Schulung: 250 € pro Schulungstag und Person
Jährliche Add-on-Gebühren für Produzenten:
Option 1 – 30 €
Option 2 – 250 € pro Gruppe + 5 € pro Mitglied der Produzentengruppe
FAQ
Können Flächen mit ökologischer Produktion auf Biodiversitätsflächen angerechnet werden?
Nein, nicht in jedem Fall. Es kommt darauf an, ob eine solche Fläche einen echten Beitrag zur
Biodiversität leistet, wie im Leitfaden beschrieben. Sofern eine Produktionsfläche für ökologische
Produkte die dort aufgeführten Anforderungen erfüllt, kann sie auch als Biodiversitätsfläche
angerechnet werden.
Siehe
den Leitfaden zum BioDiversität-Add-on V1.0, Seiten 17–19
Dürfen die geforderten 3 % der gesamten landwirtschaftlich genutzten Flächen des Betriebs, die als Biodiversitätsfläche ausgewiesen sind, außerhalb der Produktionsflächen liegen?
Ja, die Flächen können außerhalb der Produktionsflächen liegen. Sie müssen jedoch zu den
juristischen Betriebsflächen gehören, d. h. zur Gesamtfläche des Betriebs. Falls ein Produzent
diese Anforderung nicht erfüllen kann (Kontrollpunkt 7.1.1) und alle Maßnahmen zur Ausweisung
von Biodiversitätsflächen im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebs ausgeschöpft sind, muss der
Biodiversitätsaktionsplan (BAP) dies angeben und es müssen entsprechende Ausgleichsflächen
ermittelt werden (siehe Kontrollpunkt 7.1.3).
Wie können Laufmeter in Hektar umgerechnet werden, um die Größe von Biodiversitätsflächen anzugeben?
Die meisten linearen Landschaftselemente haben eine bestimmte Breite. Beispielsweise sind Hecken
in der Regel mindestens einen halben Meter breit. In solchen Fällen sollten die Produzenten die
Länge und die Breite dieser Elemente miteinander multiplizieren. In anderen Fällen empfehlen wir
den Produzenten, eine Schätzung vorzunehmen.
Welche Schulungen müssen Beauftragte für das BioDiversität-Add-on absolvieren?
Die Anforderungen an die Schulungen sind bewusst nicht vorgeschrieben. Es ist keine spezielle
Schulung erforderlich, z. B. durch eine Zertifizierungsstelle (CB). Die Art der absolvierten
Schulung muss allerdings erläutert werden, z. B. ob es sich um eine Schulung im Rahmen eines
lokalen Netzwerks oder eines nationalen Projekts handelt. Dies fördert den Erfahrungsaustausch und
das Verbreiten bewährter Verfahren zur Verbesserung des Biodiversitätspotenzials.
Welche Gebiete haben einen (hohen) Schutzwert (siehe Kontrollpunkt 8.1.5)?
Diese Flächen sind nicht eindeutig definiert. Für dieses Add-on und im europäischen Kontext wird
empfohlen, die Gebiete des Natura-2000-Netzes als Ausgangspunkt zu verwenden. […] Das Konzept der
High Conservation Value Areas (HCVA), also Gebiete mit hohem Schutzwert, wird weltweit angewendet.
HCVA sind definiert als natürliche Lebensräume, deren ökologischer Wert für die Biodiversität, die
Landschaften, die Ökosysteme, die Lebensräume, die Ökosystemleistungen, die Bedürfnisse der
Gemeinschaft und die Kultur als außerordentlich wichtig oder kritisch angesehen wird. In der EU
wurde ein ähnliches Konzept entwickelt, das sich direkt auf die Landwirtschaft bezieht und als „
Landwirtschaftsflächen mit hohem Naturwert“ bezeichnet wird. Deren Ziel ist es, ein hohes Maß an
Biodiversität zu erhalten […]
Siehe
den Leitfaden zum BioDiversität-Add-on V1.0
Wie können Genehmigungen für Neonicotinoid-Anwendungen eingeholt werden?
Neonicotinoid-Anwendungen sind im Rahmen des BioDiversität-Add-ons grundsätzlich nicht zulässig.
Allerdings kann die Zertifizierungsstelle (CB) in extremen Notfällen, wie z. B. bei dem Risiko
eines vollständigen Ernteausfalls, bei vorheriger Beantragung eine Notanwendung von Acetamiprid
genehmigen. Die Genehmigung von Acetamiprid muss im Vorfeld einer Anwendung bei der CB eingeholt
werden. Derartige Genehmigungen gelten dann für die gesamte Saison.
Wie sind „extreme Notfälle“ definiert, die eine Anwendung von Neonicotinoiden rechtfertigen können?
Der Produzent muss gegenüber der Zertifizierungsstelle (CB) nachweisen, dass ohne
Acetamiprid-Anwendung z. B. ein Totalverlust der Ernte eintreten würde. Falls die CB nicht
zeitnah antwortet, gilt der Nachweis eines förmlichen Antrags als ausreichend.
Wie können im BAP Ziele festgelegt werden, wenn das Fachwissen eines Produzenten über ein bestimmtes Thema als unzureichend angesehen wird?
Biodiversität ist von komplexen Prozessen abhängig, die zeitlich versetzt und örtlich verteilt
ablaufen.Um sie zu verstehen, sind umfangreiche Kenntnisse erforderlich. Es ist daher erforderlich,
dieses Wissen aufzubauen sowie zeitlich als auch räumlich zu planen. Daher führt das Add-on
Instrumente ein – z. B. die Eigenbewertung und den BAP. Diese sollen die Produzenten
dabei unterstützen, die zeitlichen und räumlichen Aspekte zu berücksichtigen. Gleichzeitig bieten
die Anforderungen zusätzliche Informationen zu Themen, die für die Biodiversität von Bedeutung
sind. Die Planung mit einem BAP hilft dabei, die Betriebsabläufe zu sichern, ohne die
wirtschaftliche Kontinuität zu gefährden.
Siehe
den Leitfaden zum BioDiversität-Add-on V1.0 und die
Kontrollpunkte zu Beratung und
Schulungen (Kontrollpunkte 4 und 5)
GLOBALG.A.P. betrachtet diese Einführungsphase als einen Lernprozess. Alle Beteiligten werden in
dieser Zeit dazulernen, sowohl darüber, welches Wissen bereits vorhanden ist, als auch darüber, wie
GLOBALG.A.P. den Erfahrungsaustausch unterstützen und den Teilnehmern helfen kann, miteinander in
Kontakt zu treten.
Wie sind nichtheimische invasive Arten definiert? Handelt es sich nur um solche, gegen die aktiv Schutzmaßnahmen ergriffen werden, oder auch um andere?
Dieser Kontrollpunkt erfordert zwar Wissen und Bewusstsein, aber noch kein Handeln. Er soll
jedoch nicht nur auf die Problematik invasiver Schädlinge für die landwirtschaftliche Produktion
aufmerksam machen, sondern auch darauf, wie sie die Biodiversität beeinträchtigen können.
Gelten Gräben als Gewässer und ist daher eine fünf Meter breite Pufferzone zwischen ihnen und den Produktionsflächen erforderlich?
In der aktuellen Version konzentriert sich das BioDiversität-Add-on nur auf ständige
Gewässer.
Welche Regeln gelten, wenn ein Produzent Produkte von einem Produzenten zukauft, der nach dem Standard für die kontrollierte landwirtschaftliche Unternehmensführung (IFA-Standard) auditiert ist, aber kein Konformitätsschreiben nach dem Biodiversität-Add-on hat?
Im Zusammenhang mit dem BioDiversität-Add-on ist kein Paralleleigentum zulässig. Die juristische
Person, die für dieses Add-on registriert ist, darf keine Produkte zukaufen, die aus
Produktionsprozessen stammen, die zwar eine Zertifizierung nach dem IFA-Standard aufweisen, aber
nicht nach dem BioDiversität-Add-on auditiert sind.
Müssen bei Produzentengruppen (Option 2) und Produzenten mit mehreren Standorten (Option 1) alle Mitglieder der Produzentengruppe/alle Produktionsstandorte auditiert werden?
Die entsprechende Regel (Spezifikationen zu den allgemeinen Regeln des BioDiversität-Add-ons
Version 1, 5.1 a) wurde überarbeitet, sodass sich Produzentengruppen (Option 2) und Produzenten mit
mehreren Standorten (Option 1) untereinander aufteilen dürfen. Das bedeutet, dass nicht alle
Mitglieder der Produzentengruppe und/oder alle Produktionsstandorte an dem Add-on-Audit teilnehmen
müssen. Die einzelnen GLOBALG.A.P. Nummern (GGNs) sind auf dem Zertifikat der Produzentengruppe
aufgeführt und es liegt in der Verantwortung des Käufers, diese einzelnen GGNs nachzuverfolgen.
Die gleiche Regel ist für Version 1.1 des BioDiversität-Add-ons angedacht, sodass
Produzentengruppen und Produzenten mit mehreren Standorten (Option 1) sich untereinander aufteilen
dürfen und nicht alle Mitglieder der Produzentengruppe an dem Add-on-Audit teilnehmen müssen.
Es ist für die anstehende Version 1.1 geplant, eine Steigerungsrate einzuführen, mit der
festgelegt wird, wie viele Mitglieder der Produzentengruppe jährlich zur auditierten
Produzentengruppe hinzugefügt werden sollten. Diese Rate wird in Absprache mit den GLOBALG.A.P.
Stakeholdern und Projektpartnern festgesetzt und so bald wie möglich kommuniziert.